Von der unbeugsamen Willenshaltung, dem Geistfeuer des Verstehens und den reduzierten Verhältnissen
Von: van Osten, René
ZhanDao, 2024., geb.
ISBN: 9783907676028
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Verfinsterung ist, wie es der Begriff schon sagt, keine absolute Dunkelheit, sondern reduziertes Licht, gleich der Nacht mit ihren geheimnisvoll funkelnden Himmelskörpern weit oben am Firmament. Erde auf oder über dem Feuer bedeutet also nicht das völlige Erlöschen des Lichtes, sondern sein verborgenes Leuchten im Sinne von etwas, das durchscheint, taoistisch ausgedrückt: Abwesenheit in Anwesenheit. Es ist die Knospe einer Rose, die noch nicht aufgegangen ist und ihr innerstes Wesen versteckt hält. Es ist das Licht einer Kerze, das hinter einer hohlen Hand verborgen und dadurch geschützt wird oder eine dunkle Wolkenwand, die sich vor die Sonne geschoben hat. Interpretiert man es auf eine herrschende Zeitsituation, kommt man zum Bild einer globalen Verdunklung im Verständnis von finsteren Machenschaften, undurchsichtigen Absichten, unklare oder zweideutige Aussagen, Übergriffigkeit und feindliche Gedanken. Eine von extremer Streitqualität durchzogene Zeit geladener Verhältnisse, in der sich alle als Opfer verstehen und deshalb zu Tätern werden. Mangel ist der verborgene Hintergrund. Mangel in Bezug auf den gefestigten Selbstwert.
Der geistige Horizont muss neu abgesteckt werden und dies gelingt am besten in der Klausur – der Dunkelwaltung der Zeit, die uns nötigt, das Mäntelchen des weichen Wollens umzuhängen. Das Thema der Verfinsterung ist das Übergriffige, das geistig reduzierte in Politik und gesellschaftlicher Entwicklung, wobei aber genau diese Reduktion die Chance für das Licht geistvoller Fortschritte nährt. Eine Kerze wird nicht in den Sturm, sondern bedeckt gehalten, damit sie nicht erlischt. Die Knospe einer Rose entfaltet sich ganz ohne Rebellion zur Blüte in Zeit. Das Helle wird aus dem Dunklen geboren, das Dunkle ist die Leinwand des Lichts.